Ein Name als Zeichen
Der
Name “Malakow" wirkt in unserer Region befremdlich. Folgen
wir
der Überlieferung, so hat die heldenhafte Verteidigung des
Forts
Malakow - auf dem Hügel Malachow oberhalb des Hafens
Sewastopol
gelegen - während des Krimkrieges (1854-1856) eine tiefe
Wirkung in
Deutschland ausgeübt. Nach fast einjährigen, auf
beiden Seiten sehr
verlustreichen Kämpfen, die in der Militärgeschichte
als erster
Stellungskrieg gelten, mussten die Russen sich am 8. September
1855
der waffentechnischen Überlegenheit der Franzosen und
Engländer
beugen. Die verwüstete Festung wurde zum Symbol des
zähen
Selbstbehauptungswillens der Russen. In den westlichen Provinzen
Preußens konnte sich der Malakow-Mythos auch deswegen
ungehindert
entwickeln, weil in diesem Krieg der europäischen Randstaaten
die
preußische Regierung Neutralität wahrte.
"Kinder" der vorindustriellen Phase
Malakow-Türme
sind Tiefbaueinrichtungen der frühen Phase des industriell,
das
heißt maschinell fördernden Bergbaus. Sie sind aber
auch noch
„Kinder“ der vorindustriellen Phase insoweit, als
dass sie ihrer
Bauart nach noch wahrnehmbar dem konventionellen Wohnhaustyp entlehnt
sind: Sie haben ein geschlossenes Dach, Fensteröffnungen und
sind
aus den traditionellen, vorindustriellen Baustoffen gefertigt.
Die
eigentliche Fördereinrichtung, die
Seilstützkonstruktion bzw. das
Seilscheibengerüst liegt mitsamt Seilscheiben innerhalb des
Gebäudes. Die Schachttürme waren teilweise mit bis zu
2,50 m
starkem Ziegelmauerwerk ausgestattet und mit aufwändig
versteiften
Innenkonstruktionen versehen. Trotz ihrer massiven Bauweise waren die
gemauerten Schachttürme aufgrund der stetigen Oszillationen,
provoziert durch die Fördermaschinen, starker Destabilisierung
der
Mauerwerke ausgesetzt. Mit der Vervollkommnung der Stahltechnologie
wurden die gemauerten Fördereinrichtungen spätestens
zu Beginn der
1880er Jahre durch eiserne Fördergerüste ersetzt oder
modernere
Fördergerüste in vorhandene Malakow-Türme
eingesetzt.
Malakow-Turm der Zeche Alte Hase
Gemessen an seinen
mächtigen Namensvettern macht der
Malakow-Turm der
Zeche Alte Haase einen fast als zierlich zu nennenden Eindruck.
Für sich
genommen wirkt der über dem Schacht Julie errichtete Turm
durchaus stattlich. Er zieht automatisch den Blick nach oben. Es ist
ratsam,
ihn aus der Distanz zu betrachten, um das nur geringfügig
gestörte Ebenmaß des
Gesamtbildes würdigen zu können.
Von den ursprünglich
mehr als 100 Malakow Türmen des
Ruhrgebietes hatten nur 12 die Zeit überdauert. Der
Malakow-Turm der Zeche
"Alte Haase" spielt seine eigene Rolle unter seinen Vettern. Er ist
der einzige südlich der Ruhr und zählt zu den
ästhetisch ausgereiften,
zierlicheren Vertretern seiner Gattung. Darüber hinaus ist der
1897 in
Sprockhövel errichtete Malakow-Turm der letzte seiner Art in
Deutschland.
Neben der
ästhetisch-kunstgeschichtlichen Bedeutung hat der
Malakow-Turm "Alte Haase" für die Bevölkerung
Sprockhövels und des
Umlandes einen wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Stellenwert.
Über mehr
als sieben Jahrzehnte war das Bauwerk Zeuge einer wechselvollen
Geschichte, die
tief in zahlreiche Familien hineinwirkte. Doch der Identifikationswert
des
Malakow-Turms ist bis in die Gegenwart nicht zu unterschätzen.
Er steht
gleichsam als zweifellos herausragendstes Symbol einer wahrscheinlich
mehr als
fünf Jahrhunderte umfassenden Bergbaugeschichte unseres
Raumes.
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